Dienstag, 16. Oktober 2012

EU-Kommissarin sorgt sich um Datenschutz-Standard "Do not Track"

Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda zuständige Kommissarin, hat die Verzögerungen und die eingeschlagene Linie zur Standardisierung des "Do not Track"-Verfahrens (DNT) beim World Wide Web Consortium (W3C) scharf kritisiert. Die Arbeit an der Spezifikation laufe nicht nach Plan, was sie "zunehmend besorgt" mache, betonte die Niederländerin am Donnerstag. Es sei zu befürchten, dass der Standard zu stark verwässert werde. Es müsse nun schnell gehandelt und ein "vernünftiger" DNT-Mechanismus verabschiedet werden.

Die EU-Kommission hat große Hoffnung mit dem Verfahren verknüpft, da es einen Weg zum Umgang mit den strengen europäischen Cookie-Bestimmungen bieten könnte. Diese erfordern, dass ein Nutzer dem Setzen der Browser-Dateien zustimmen muss. Do not Track könne prinzipiell etwa Werbetreibenden signalisieren, ob eine Einwilligung in die Nutzung eigener Informationen vorliege, erläuterte Kroes. Dafür sei es aber nötig, die Surfer bei der Installation eines Browsers zumindest über die Tragweite ihrer Entscheidung zu DNT aufzuklären oder das Verfahren gleich zu aktivieren. Es dürfe zudem nicht möglich sein, dass Server, die so zum Ausdruck gebrachten Wünsche der Nutzer ignorierten. Möglichkeiten zum Auslesen von Daten ohne Zustimmung der Betroffenen seien zu minimieren.

Datenschutz im Internet und Online-Geschäfte seien aufeinander angewiesen, erläuterte die Kommissarin ihre Linie. Die Privatsphäre der Netzbürger müsse als ein spezieller Markt mit seinen eigenen Rechten verstanden werden, der auf einem rechtlichen Rahmen und Transparenz beruhe. Daher sei es in aller Interesse, einen aussagekräftigen DNT-Standard zum Erfolg zu führen. Online-Firmen sollten sich zugleich fragen, ob sie wirklich alle selbst Experten in "Big Data" werden und Wünsche, Vorstellungen sowie Gedanken der Nutzer aus ihren digitalen Spuren herauszulesen versuchen müssten.

Zuvor hatte eine Eingabe der Direct Marketing Association (DMA) beim W3C für Erstaunen gesorgt, wonach Werbung zu den "erlaubten Nutzungen" von Do not Track "für Drittparteien und Diensteanbieter" gezählt werden solle. Auf einer Mailingliste des Normungsgremiums löste diese eine hektische Debatte aus. Gefragt wurde etwa nach der geplanten Definition zulässiger Marketingaktivitäten oder es gab nur völliges Unverständnis. Ein Vertreter der US-Vereinigung führte daraufhin aus, dass "Marketing die Welt antreibt". Es sei so amerikanisch wie Apfelkuchen und liefere relevante Produkthinweise an die Verbraucher. DNT sollte verhaltensbezogene Werbung als "einen der wichtigsten Werte der Zivilgesellschaft" daher unterstützen. Wer keine entsprechende Reklame erhalten wolle, könne dies auf einer Art Robinson-Liste fürs Internet vermerken. (Stefan Krempl) / (mho)


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