Freitag, 19. Oktober 2012

Uno soll Meinungsfreiheit im Netz international einschränken

Saudi Arabien hält eine stärkere internationale Kooperation für "zwingend erforderlich", um das Problem der Meinungsfreiheit im Internet anzugehen. Dabei müsse es vor allem um Fälle gehen, die "klar die öffentliche Ordnung missachten", schreibt das Königreich in einem Kommentar zu einem Entwurf für ein Grundlagenpapier des Generalsekretariats der Internationalen Fernmeldeunion ITU für eine netzpolitische Konferenz im kommenden Jahr.

Als Beispiel führt der Kommentar die Verbreitung des Trailer für den anti-islamischen Film "Innocence of Muslims" auf YouTube an. Dieses Mohammed-Video sei mit der klaren Absicht erstellt worden, Hass zu produzieren. Jeder vernünftige Mensch hätte gewusst, dass der Streifen Gewalt erzeugen würde. In der Tat seien viele unschuldige Menschen deswegen getötet oder verletzt worden. Weder die Autoren des Clips noch die Inhalteanbieter seien dafür zur Verantwortung gezogen worden.

Die Eingabe Saudi Arabiens, über die mehrere britische und US-amerikanische Medien Ende der Woche berichteten, stammt bereits vom 1. August und ist an das Vorbereitungsteam des fünften World Telecommunication/Information and Communication Technology Policy Forum (WTPF) der ITU gerichtet. Das Treffen der Uno-Institution soll Mitte Mai 2013 in Genf stattfinden. Der saudi-arabische Beitrag erfuhr längere Zeit kaum Beachtung.

Der umstrittene Clip selbst führte erst Mitte September zu größeren Unruhen und Aufständen in mehreren arabischen und islamisch-geprägten Ländern. Er löste auch eine Debatte über Redefreiheit und Zensur aus. Googles Videoportal blockierte den Streifen eigenständig zunächst in Libyen und Ägypten, später auf Antrag der saudi-arabischen Regierung auch in der absolutistischen Monarchie in Vorderasien sowie in Indien und Indonesien. Andere Länder wie Iran, Pakistan oder Bangladesch sperrten YouTube beziehungsweise Google komplett. Die Videoseite wollte den Trailer nicht entfernen, da er nicht eindeutig gegen die Nutzungsbestimmungen verstoße.

Saudi Arabien bezeichnet die Meinungsfreiheit in seiner Stellungnahme zunächst als "anerkanntes Grundprinzip", das aber mit anderen Werten wie der nationalen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit der Bevölkerung sowie der gesellschaftlichen Moral abgewogen werden müsse. Unterschiedliche Nationen hätten zudem verschiedene Ansichten, was als akzeptable freie Rede angesehen werden könne. In anderen Ländern könnten sie ihre eigenen Vorstellungen aber nur schwer durchsetzen, sodass internationale Regeln gefunden werden müssten.

Zur Untermauerung seiner Forderung verweist das Königreich nicht nur auf das Mohammed-Video, sondern auch auf andere "übelwillige und kriminelle Aktivitäten" wie die Verbreitung von Kinderpornographie, Identitätsdiebstahl, Spam, Denial-of-Service-Attacken oder Schadsoftware. All diese Bedrohungen für die öffentliche Ordnung müssten von der Staatengemeinschaft "in einem kollaborativen und kooperativem Umfeld" endlich aufgegriffen und gemeinsam angegangen werden. Die US-Bürgerrechtsorganisation Freedom House zählt Saudi Arabien in einem aktuellen Bericht mit zu den Ländern, in denen die Internetfreiheiten stark eingeschränkt, Nutzer überwacht und unkontrollierte Zensur ausgeübt wird. (Stefan Krempl) / (ps)


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