Dienstag, 12. Februar 2013

Piraten-Parteitag in Bochum: "Inhalte, Inhalte, Inhalte"

Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland, erhofft sich vom Bundesparteitag am Wochenende in Bochum, dass das Grundsatz- und Wahlprogramm deutlich ausgeweitet wird. "Inhalte, Inhalte, Inhalte" sollen seiner Ansicht nach im RuhrCongress-Zentrum im Vorderpunkt stehen und die Prinzipien- und Strukturdebatten der vergangenen Monate weitgehend verdrängen. Schwerpunkte für ihn bilden Grundsätze zur Wirtschaftspolitik. Auch möchte er bei den Leitlinien für die Bundestagswahl 2013 deutlich vorankommen, erklärte Ponader in Berlin.

Insgesamt lägen derzeit 789 Anträge und Positionspapiere vor, erläuterte Sylvia Poßenau, Beauftragte des Bundesverstand für die Antragskommission. Darunter seien 650 Programm- und 67 Satzungspapiere, die je einer Zweidrittelmehrheit bedürften. Auf dem jüngsten Parteitag seien es insgesamt nur rund 500 Anträge gewesen. "Realistisch können 50 Anträge behandelt werden, keinesfalls mehr als 100", stellte Poßenau klar. Die Kommission habe daher zusätzlich zu Bewertungen im Meinungsbildungswerkzeug Liquid Feedback alle Mitglieder befragt, um eine Rangliste zu erstellen. Auch seien die "Top 3" aller Gruppen für mehr Themenbreite ermittelt worden. Teilnehmer hätten zudem ihre 20 Favoriten benennen dürfen.

Dabei habe sich herauskristallisiert, dass die Themen Transparenz in der Politik, Bestechung, wirtschaftspolitische Grundsätze, Energiepolitik sowie direkte Demokratie und Volksentscheide ganz weit oben lägen, erläuterte Bundespressesprecherin Anita Möllering. "Wir können aber nicht sagen, was drankommt." Änderungen könnten sich immer noch kurzfristig ergeben. Klar sei nur, dass ein Vorstoß zur Wissensgesellschaft des früheren Bundesvorsitzenden Sebastian Nerz ganz weit oben und das Wahlprogramm im Vordergrund stehen solle.

Die Position der Piraten zur kommenden Bundestagswahl ist derzeit noch lückenhaft. Gefordert wird eine Reform des Urheberrechts, ein freier Zugang zu öffentlichen Inhalten, ein bedingungsloses Grundeinkommen und Mindestlohn oder die Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV. Endgültig festgezurrt werden soll das Programm erst Mitte Mai auf dem nächsten Parteitag in Neumarkt. Die niedersächsischen Piraten seien mit ihren Inhalten für die dortige Landtagswahl bereits vorgeprescht, meinte Ponader. Viele Anträge zur Wirtschaftspolitik auf Bundesebene gingen in die gleiche Richtung.

Am Sonntagvormittag sind zwei Stunden für Satzungsänderungen reserviert. Ein Schlagabtausch wird dabei etwa zur Reform der Schiedsgerichtsordnung und zur bundesweit stärkeren Gewichtung von Liquid Feedback erwartet. Piratenverbände aus Berlin und Mecklenburg-Vorpommern haben hier bereits die Bestimmung eingeführt, dass über das Online-Werkzeug Positionspapiere in einem speziellen Bereich beschlossen werden können. Auf Bundesebene wird es dagegen noch als unverbindliches Abstimmungstool behandelt.

Die Piraten, unter denen es im Unterschied zu klassischen Parteien keine speziellen Delegierten mit Stimmberechtigung gibt, rechnen mit 1500 bis 2000 Teilnehmern. Abstimmen dürfen nur Mitglieder, die nachweisen können, ihre Beiträge bezahlt zu haben, oder die die ausstehende Summen vor Ort in bar begleichen. "Private Zonen", in denen Pressevertreter nicht uneingeschränkt agieren dürfen, soll es laut Ponader dieses Mal nicht geben. Diese seien nur einmal eingerichtet worden, um Kamerateams einen Hinweis zu geben, dass die Bildschirme der dort sitzenden Beteiligten nicht gefilmt werden dürften. (Stefan Krempl) / (jo)


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